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Leitud 31 artiklit

babbeln schw [h]
{ndd. 'lallen, murmeln'}
‣ Belege: Estland, Südlivland, Kurland, Livland, Dorpat, Goldingen, Libau, Mitau, Reval, Riga, Tukum (die erste Hälfte des 20. Jh.)
1. de babbeln; et lobisema, patrama; lv vāvuļot
Er babbelte den ganzen Abend, aber keiner hörte zu
siehe auch Gebabbel
2. de lallen, murmeln; et lalisema, pobisema
ein Kind spricht nicht, sondern babbelt
"[...] wenn ich aus der [...] Synagoge den murmelnden Gesang höre - ich kann es begreifen, daß einen Juden dabei Andachtsschauer fassen können.“ - „Ich nicht, ich habe nie etwas anderes als schauderhaftes Gebabbel gehört.“
„Du babbelst ja wie in der Judenschule.“
‣ Synonyme: herbabbeln

DAZU:
siehe auch Gebabbel, vgl herbabbeln

QUELLEN

Sallmann 1880, 28, 44
babbeln ′unverständlich, unbedacht reden′
Gut niederdeutsch ist auch die Vorliebe für die verdoppelten mediae, die wir bekanntlich im Hochdeutschen nur spärlich anwenden. Ich nenne: babbeln, bebbem, blubbern, bubbeln, Bubbert, dibbern, gnabbeln, gnabbern, gnibbern, habbeln, kibbeln, klabberig, Knabbe, Knobber, Knubbe, knubbern, kribbeln und wibbeln, labbern, quabbeln, rabbusig,sabbeln, schabbeln, schlabbern, schlubbern, schivabbeln, Stubbe, wabbeln; baddeln, broddeln, bruddeln, Buddel, buddeln, duddelig, ßadderig, flidderig, fludderig, gnaddern, gniddern, gnuddern, sich verheddern, Kladde, kladdern, koddern, kodderig, lodderig, Modder, moddig, pladdern, pludderig, schluddern, schmuddeln, schnuddeln, schuddern, suddeln, verknuddern, vermaddern; Bugger, Knagge; ja sogar schabbern, obgleich nd. schaven; schnaddern gegenüber nd. snaten; Kragge Mähre, obgleich nd. kracke; vermiggern gegenüber nd. micke (ein zartgliedriges Kind von schwächlichem Aussehen). Dagegen ganz vereinzelt Kriebelkrankheit für nd. Kribbelkrankheit.

Gutzeit 1886, 95
babbeln Nie bappeln wie in Grimms Wtb. Der Philosoph Schelling brachte, in einer öffentl. Vorlesung zu München 1841, das Wort seltsamer Weise mit Babel und Sprachenverwirrung zusammen. Eine Nachricht über diesen seinen Ausspruch in d. Münchener pol. Ztg. Febr. 1841.

Masing 1926b, 48
babbeln ′unverständlich sprechen′ mnd. babbeler ′der rasch und unverständlich spricht′ Frischbier I, S. 48.

HWbGA 1936, 202
babbeln ′lallen, murmeln′ nd. Rest

Nottbeck 1987, 19
babbeln ′viel und undeutlich reden / E.K.L.R. Er babbelte den ganzen Abend, aber keiner hörte zu.′


QUELLEN (Informanten)
Krause, Ingeborg: Riga

Plath, Gerhard: Dagö, Eltern: Pernau, Reval
undeutlich und viel reden

Einnaht die
‣ Varianten: Einnat

QUELLEN

Gutzeit 1864, 239
Einnat, die, Art Vorstoß an Damenkleidern. Frauenzimmer brauchen Schnur zur Einnat (Einnatschnur), als Einfassung eines Kleidungsstückes. Die Schnur wird dazu in einen schmalen Streif Zeuges eingeschlagen u. zwischen Ober- u. Unterzeug eingenäht. Eine Einnat machen, einen solchen Vorstoß. Alle Einnäte machte, nähte sie selbst. Doppelte Einnat.

Sallmann 1880, 63, 102
Einnath der Vorstoß bei Frauenkleidern, bei dem die Schnur in einen schmalen Zeugstreifen eingeschlagen und zwischen Ober- und Unterzeug eingenäht wird.
Einnath schmaler Zeugstreifen mit eingenähter Schnur zwischen dem Ober- und Unterzeug von Frauenkleidern.

Gutzeit 1894, 12
Einnat, die, jetzt gewönlich Natteil genannt, Einschlag. Bei Schneidern und Schneiderinnen. Am Aermel, am Rückteil der Jacke ist genug Einnat gelassen, zu wenig Einnat.

gnibbern

QUELLEN

Sallmann 1880, 44
Gut niederdeutsch ist auch die Vorliebe für die verdoppelten mediae, die wir bekanntlich im Hochdeutschen nur spärlich anwenden. Ich nenne: babbeln, bebbem, blubbern, bubbeln, Bubbert, dibbern, gnabbeln, gnabbern, gnibbern, habbeln, kibbeln, klabberig, Knabbe, Knobber, Knubbe, knubbern, kribbeln und wibbeln, labbern, quabbeln, rabbusig, sabbeln, schabbeln, schlabbern, schlubbern, schivabbeln, Stubbe, wabbeln; baddeln, broddeln, bruddeln, Buddel, buddeln, duddelig, ßadderig, flidderig, fludderig, gnaddern, gniddern, gnuddern, sich verheddern, Kladde, kladdern, koddern, kodderig, lodderig, Modder, moddig, pladdern, pludderig, schluddern, schmuddeln, schnuddeln, schuddern, suddeln, verknuddern, vermaddern; Bugger, Knagge; ja sogar schabbern, obgleichnd. schaven; schnaddern gegenüber nd. snaten; Kragge Mähre, obgleichnd. kracke; vermiggem gegenüber nd. micke (ein zartgliedriges Kind von schwächlichem Aussehen). Dagegen ganz vereinzelt Kriebelkrankheit für nd. Kribbelkrankheit.

gniddern

QUELLEN

Sallmann 1880, 32, 44
gniddern, gnuddern krittelnde Töne hervorbringen.
Gut niederdeutsch ist auch die Vorliebe für die verdoppelten mediae, die wir bekanntlich im Hochdeutschen nur spärlich anwenden. Ich nenne: babbeln, bebbem, blubbern, bubbeln, Bubbert, dibbern, gnabbeln, gnabbern, gnibbern, habbeln, kibbeln, klabberig, Knabbe, Knobber, Knubbe, knubbern, kribbeln und wibbeln, labbern, quabbeln, rabbusig, sabbeln, schabbeln, schlabbern, schlubbern, schivabbeln, Stubbe, wabbeln; baddeln, broddeln, bruddeln, Buddel, buddeln, duddelig, ßadderig, flidderig, fludderig, gnaddern, gniddern, gnuddern, sich verheddern, Kladde, kladdern, koddern, kodderig, lodderig, Modder, moddig, pladdern, pludderig, schluddern, schmuddeln, schnuddeln, schuddern, suddeln, verknuddern, vermaddern; Bugger, Knagge; ja sogar schabbern, obgleich nd. schaven; schnaddern gegenüber nd. snaten; Kragge Mähre, obgleichnd. kracke; vermiggem gegenüber nd. micke (ein zartgliedriges Kind von schwächlichem Aussehen). Dagegen ganz vereinzelt Kriebelkrankheit für nd. Kribbelkrankheit.

Worms 1902, 37
„Lisbeth hielt die Hände vor das Gesicht und schüttelte sich kichernd, ...: 'Ja, Tante, dumm war es von ihm, ..'. - 'Was denn? Nu gniddert sie schon wieder.“

Seemann von Jesersky 1913, 122
gniddern 'heimlich lachen'

Masing 1926b, 26
gniddern 'heimlich, unterdrückt lachen' (Frischbier I 242).

Nottbeck 1987, 34
gniddern 'kichern' / K.L.R.
Die Mädchen gnidderten unentwegt.


QUELLEN (Informanten)
Schnackenburg, Gert von: Riga, Kreis Wenden
gniddern 'meckern' für skaljieren WL 5,21.

Puhze, Magdalene: Libau
gniddern 'kichern'

Weydemann, Ilona: Riga; Koslowsky, Maja von: Libau; Lilienblum, Ingeborg: Mitau
gniddern 'kichern', z.B. 'ein Backfisch gniddert oft'. WL 4,42.

Freytag-Löringhoff, Udo Baron: Gut. Rawen (Kurland)
gniddern 'maulen, pranzelieren'.


gniddern 'grinsen' Riga um 1900; Doblen; Libau; Mitau; Hapsal; Goldingen um 1910.
gniddern 'unterdrückt lachen' WL 3,17. Im lett. Spr. ca 50x (davon 30x in Kurland) belegt.
gniddern 'kichern, verschmitzt lachen' Riga um 1930; Libau um 1910.
gniddern 'nörgeln' Dorpat 1935.

Jacke die

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 21
Jacke, die, Art Taube. Ein Werfer, eine Spucht, ein Weißschwanz und eine Jacke, Pantenius in Allein und frei, I. 107.

Juppe die
‣ Varianten: Jubbchen

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 565, 569
Jubbchen und Jübchen, s. Juppchen.
Juppe, die, gew. in der Kleinerung Juppchen, nur in der Bed. eines Frauenkleidungsstückes, doch jetzt fast ganz verdrängt von Jacke, daher auch gebräuchlicher Nachtjacke als Nachtjuppchen. Den gedehnten Selbstlaut kennen wir nur in Jopchen, nicht in Jüpchen; doch findet sich das Wort hier und da so geschrieben. Drei Juppen, 172. 1769. 360; eine Juppe, 172. 1776. 131; eine wollene Juppe, 172. 1781. 280; eine Jupe mit apfelgrünem Bande, 172. 1793. 353. Unrichtig die Schreibung Jubbchen, Jubchen und Jübchen. Ein Iübchen und Rock, 172. 1778. 285. - Das Wort scheint erst in der zweiten Hälfte d. vor. Jahrh. aufzukommen.

Kaback
‣ Varianten: Kabacke, Kabak, Kabake
{russ. кабакъ 'Schenke, Kneipe' Sallmann 1880, 11; Kiparsky 1936, 156}
de Schenke, Kneipe

QUELLEN

Hupel 1795a, 102
Kabake, die (Russ.) d.i. Schenke, Trinkhaus.

Ewers 1831, 215
die Kabacke das Trinkhaus

Gutzeit 1874, 2
Kaback, der, gewöhnlicher Kabacke, die, gemeine Schenke oder Trinkhaus. Wir glauben das Wort dem Russischen entlehnt zu haben. In Grimm's Wtb. eine andere Annahme.

Sallmann 1880, 11
Kabak, m. gemeine Kneipe. [a.d. Russ.]

Eckhardt 1896, 30
Kabacke f. im Nd. = altes, verfallenes Haus, hat im Baltischen unter dem Einfluß der aus dem Nd. entlehnten russ. Form kabák m. die Bedeutung 'gemeine Schenke' angenommen, daher auch die Nebenform: der Kabak.

Gutzeit 1898, 16
Kabáck, der, und Kabacke, die. vgl. II. 2. Grimms Wtb. erklärt: altes, baufälliges Haus; auch: schlechte Schenke. Richtiger wäre: schlechte Schenke, aus Mißverständniß auch: altes, baufälliges Haus u. dgl. Das Wort begegnet in der deutschen Schriftsprache zuerst bei Olearius, und zwar in derjenigen Bedeutung, welche das Wort Kaback im Russischen hat; die hier und da in Norddeutschland und bei einigen Schriftstellern vorkommende Bedeutung entspricht der eigentlichen nicht.
Der Versuch des Grimmschen Wtb., als warscheinlich darzutun, daß das Wort aus dem nd. ins Russische gedrungen, ist ein offenbarer Irrtum; die Hinweise auf Kabache, Kabuche, Kabuff, Kaficke u. s. w. beweisen nur, daß man das russische Wort in mannigfacher Weise entstellt hat und daß es in den Anfangsbuchstaben mehr oder weniger Änlichkeit hat mit cabane, cabaret, Kabuse u. a. Die Betonung der zweiten Sylbe läßt, ebenso wie in Kabuse, erkennen, daß von einem deutschen Worte keine Rede sein kann.

Seemann von Jesersky 1913, 11
Kabbacke, baufälliges Haus, Schänke

Masing 1926b, 13
Kabak [slaw. Lehnwort im Preuss. u. Bd.]

Wiget 1927, 6, 7, 13
s. DWb: für das Westf., Gött., Märk., Schles., Westpr. belegt (Kabacke - altes, baufälliges Haus, schlechte Kneipe)
echt nd. Wort, das aus d. Dt. ins Polnische u. Russische übernommen wurde.
Kaback mask. neben Kabacke fem.

Mitzka 1927/1928, 173
nicht dem Preuß. eigentümlich.

Kiparsky 1936, 156
Kaback(e) [kabák(ə)] f. 'Schenke, Kneipe' ‹ r. кабакъ id. E.L.K. - Hupel 102, Gutzeit II, 2; N98 16, Sallmann V. 9; N. 11. - Masing NdE. 13 stellt das bd. Wort mit opr. Kabáche, Kabácke f. 'schlechtes, baufälliges, dem Einsturze nahes Haus' [Vgl. E. Förstemann Slav. Elemente in deutschen, namentlich westpreuss. Volksmundarten (KZ. I, S. 417)] zusammen, was man in Anbetracht der ganz abweichenden Bed.1 nicht gelten lassen kann. Das Wort ist auf literarischem Wege nach Deutschland gekommen (belegt nach Grimm schon 1643 bei Olearius in der Form kabak 'Schenke', aus Russland; Vgl. Kluge EW.11 s.v.) und die abweichende Bed. erklärt sich am ehesten durch Anlehnung an d. Kabane f. 'Hütte, Verschlag' (‹ frz. cabane). Das bd. Wort schliesst sich semasiologisch eng an das russ. an. und lässt sich nicht vor der russ. Zeit belegen, was für seine Herkunft aus der gesprochenen russ. Sprache spricht.
1 Jesersky 130 gibt wohl für bd. Kobbacke die Bed. 'baufälliges Haus' an, doch ist sie sonst im Baltikum unbekannt.

Kobolt 1990, 135
Kaback (mit betonter Endsilbe) m verkommene Kneipe
russ. kabak Schenke, Kneipe; ostpr.Kabach(e) schmutzige Hütte; Elb. Kabache altes, verfallenes Gebäude, schlechte Kammer; pomm. Kabach(e) schmutzige Hütte, schlechte Kammer, verfallenes Gebäude; Westf. Kabacke, Kabache Hütte, elende Wohnung; Gött. Kabache baufälliges Haus; altm. Kabach altes, schlechtes Haus; schl. Kaback kümmerliches Zimmer oder Haus.

Kacke die

QUELLEN

Gutzeit 1874, 3
Kacke, die, im Scherz f. Durchfall, wie in Grimm's Wtb. Etwas Kacke haben; eine kleine Kacke haben.

Kamisol das
‣ Varianten: Kamisohl, Kamsol

QUELLEN

Petri 1802, 84
Camisol, alle Arten von Westen, Jacken, Wamse u. dergl.

Ewers 1831, 215
eine Weste mit Ärmeln

Gutzeit 1874, 9
Kamisol, das, gew. gesprochen: Kammsóhl. Und auch oft so geschrieben. Wandtenes Camsohl. 172. 1792. 38. — Oberkamisohl, 172. 1791. 95.

Flügge-Kroenberg 1971, 9
Kamisohl Sehr interessant ist die Tatsache, daß H. Ruete in seiner „Beschreibung der Stadt Rotenburg/Hann.“ dieses Wort braucht (also anscheinend auch ein niederdeutscher Ausdruck). Im Baltikum bezeichnet das Wort „Kamisohl“ eine warme ärmellose Jacke, gestrickt oder aus Pelz (Männerkleidung).

Nottbeck 1987, 39
Kamisol Wams, Unterjacke / E.K. Nimm Dein Kamisol mit, Du wirst es sicherlich gebrauchen.

Kobolt 1990, 139
Kamisol (mit betonter Endsilbe) n Unterwams, Strickjacke
Siev. K a m m e s o l kurzes Wams, Weste; schl. K a m s o l Wams; pr. K a m s o l; nhd. K a m i s o l früher: Unterjacke.


QUELLEN (Informanten)
Dahl, Barbara: Riga
Kamisol(chen). Warme ärmellose Weste. WL 5, 12 Im Lett. wie im estn. Sprachbereich noch mehrmals belegt.

Thiel, Ellen: Fellin
Kamisol. Kamson. Strickjacke ohne Ärmel. WL 5, 12

Wegner, Karl: Riga, Dorpat; Weinert, Paul: Riga
Kamsol = Seelenwärmer. WL 5, 12
Kamsohl


Mieder. In lett. u. estn. Sprachbuch je 2mal belegt. WL 5, 38


Kamisol Seelenwärmer Reval

Kiepe die
‣ Varianten: Kipe, Küpe, Küpp

QUELLEN

Lindner 1762, 229
Kiepe, Kiepchen 'Körbchen'

Gutzeit 1874, 118, 119
Küpe, die. Den Blättertaback aus den Küpen nehmen, 306. 62; frischer Taback vom letzten Gewächs muß in der Küpe gelegen haben, 119; frischer Taback vom letzten Gewächs muß, um vom Wraker mit Zuverlässigkeit beurteilt werden zu können, zuvor eine Zeit lang in der Küpe gelegen haben, 380. Die richtige Schreibung ist Kipe.
Küpp, der, st. Kipe. Ein Küpp weiß Leder 191; ein Kipp Leder zu schlagen, 86.
Küppe, die. Eine Kippe Leder. 86. s. Kipe.

Gutzeit 1874, 34
Kipe, die, Sack, doch nur von Hopfen gebraucht. In einem Zollverzeichniss v. 1653 in 174. 1812 steht: 53 Kiepen Hopfen; alle anhero gebrachte Hopfen-Kiepen oder Säcke, 120; die Kiepen oder Säcke öffnen, ebda.
Das Wort trifft zusammen mit hochd. Kiepe, Tasche, Sack, vgl. Grimms Wtb. Kiepe 3), namentlich aber mit lett. kihpe, bei Lange und Stender großer Hopfensack erklärt, bei Ulmann großer Sack, Hopfensack, Heusack. Baumgärtel (445. 28) spricht das Wort der deutschen Sprache zu, was zweifelhaft erscheint.

Gutzeit 1889a, 33f.
Kipe (Krepe), die, Sack, Tasche, Korb. Einen Verwandten findet es in lett. kihpa großer Sack und lit. kypas großer Korb, nicht aber im Slawischen und insbesondere Russischen. Denn das von Miklosich (etymol. Wtb.) angefürte, mit Bündel erklärte russ. кипа bezeichnet Ballen, Packen. In demselben Sinne begegnet mnd. Kip, zu belegen scheint dies aber nur aus Lübeck und anderen hansischen Städten, so dass das Wort sehr wol slawischen Ursprungs sein könnte — obgleich Miklosich es nur im Russischen vorfindet. Der Gestaltung des mnd. Kip als Kop (Koppe) u. Kap dagegen entsprechen die im Slawischen, Litauischen und Lettischen auftretenden Wörter: russ копа und купа, Haufen, копица, Haufen (als Grenzzeichen), unser Kupitze, poln. kopiec, lit. kupa, und lett. guba und kohpa Haufen, zu Kap endlich lett. kahpele Haufen, Kornhaufen, russ. капа , Getreidemaß.
Miklosich (etymol. Wtb.) fürt als gleichbedeutend mit russ.кипа auch schwed. kippa an. Da das Deutsche in Deutschland Kipe nicht in d. Bed. von Ballen oder Packen kennt, so wird das in Riga noch heute in Bezug auf Taback und Leder gebräuchliche Handelswort Kipe oder Küpe, Kipp oder Kupp — wahrscheinlich dem Russischen entlent sein(кипа) und ebenso wol auch das mnd. kip Ballen, Packen.

Gutzeit 1892b, 28
Kipe, die, Ballen. Eine gantze Kiep Hopfen von 3 S..., 365. 1699; ein gantz Kiepen Hopfen von 3 S...., 365. 1681.

Seemann von Jesersky 1913, 134
Kiepe, Korb zum Tragen auf dem Rücken.

Grosberg 1942, 213
die Kiepe (für Sack!) "... der eine und der andere streckt sich wohl auf der Kiepe, dem breiten Sacke, in welchem der Heuvorrat steckt, aus, um ein Schläfchen zu halten“.


QUELLEN (Informanten)
Lange, Harald: Riga, Südlivland
die Kiepe 'ein offener Korb'
Jedes Pferd kriegt eine Kiepe voll Rüben.

Knagge
‣ Varianten: Knaggen, Kragge
et nagi
siehe auch abknaggen, anknaggen

QUELLEN

Hoheisel 1860, 27
Knagge (lettisch): ein Zapfen in der Wand, ein Holzpflock zum Anhängen von KLeidern, Hüten ec.

Gutzeit 1874, 58
Knagge, die, 1) wie in Norddeutschland, Pflock, Gegenstände daran zu hängen, Zarge, franz. patère, Hut- oder Kleiderknagge. Auch in Estland nach 390a. 16: Kleiderhalter. —
2) gabel- od. klobenähnlich geschnittenes, zweischenklichtes Stück Holz, um etwas fest zu klammern, namentlich Wäsche, Wäschknagge, Wasch klammer. Hiervon: an-, auf-, ab-, losknaggen. —
3) In einer Beschreibung des bolderaaschen Patentslips heißt es: auf diesen Unterzügen sind große keilförmige Knaggen angebracht; durch diese Knaggen wird die Feststellung der Schiffe auf dem Wagen ermöglicht, rig. Ztg. 1865. 12. Dezbr.
Das Wort ist ein niederdeutsches, und nur vielleicht in der ersten Bedeutung mit dem lett. knaggis stimmend. Die Aussprache lässt theils zwei harte, theils zwei weiche g (wie im Lettischen) hören. Einige sprechen Knacke, wie auch in Deutschland vorl., noch andere: Kragge.
Nie männlich! Die in Kurland allgemein bekannte Bed. von Handgriff an der Sense (auch lettisch knaggis) ist in Livland unbekannt.

Gutzeit 1874, 83
Kragge, die, st. Knagge, Kleider- oder Huthaken, u. Wäschklammer. Im Munde Vieler. In Grimms Wtb. Krack, der. In diesem Wort, wie in dem folgenden, und in Knagge ist gg allein gebräuchlich.Das nd. kennt in diesen Wörtern nur kk.

Westermann 1887, 388
Knagge 'Pflock' (a.d. Lett.) (Kurland)

Sallmann 1880, 34, 44
34: Knagge Kleiderhalter, nd. knagge Holzwirbel [?]

Gutzeit 1892b, 28
Knagge, der. Erkannt, daß C. B. mit seiner Grentze weiter nicht als der in der Mauer gelegte hölzerne Knagge als ein altes Merkmahl stehet, 365. 1674. 11. Septbr.; weiln aber das gewesene Waschhauß in der jetzigen Breite des über den untersten Knaggen gelegten alten Balckens albereits vorhin gestanden, also soll —, ebda. In der Bedeutung von Pflock? oder Norcke?

Seemann von Jesersky 1913, 136
Knagge, let. knaggis, Kleiderhaken. Wäscheknagge: gabeliges Holz zum Einkneifen.

Masing 1926b, 60
Knagge 'Kleiderpflock' (mnd. knagge 'knorren'; Schumann, S. 33 Knaggen 'dreieckige Holzstücke oben auf den Bänken der Boote zu deren Befestigung', Dollknaggen 'Hölzer, worin die Dollen sitzen'; Frischbier I, S. 386 Knagge 'Pflock, etwas daran aufzuhängen, Kleiderriegel'.
S. 27: (Doppelmedia)
S. 11 opr. + bd.

Revaler Bote 1919-1930, Nr. 157
[Rosenberg] empfiehlt, in Grosbergs Meschwalden balt. Ausdrücke zu verwenden: Zerehnen statt Syringen, Knagge statt Kleiderrechen, Halgen statt Scheite, Sülz statt Gallert, Kümmelkuchel statt Kümmelkuchen.

HWbGA 1936, 202
Knagge 'Kleiderpflock' nd. Rest.

Sehwers 1936, 53
Knagge: I Knagis: Knagge, woran man Kleider aufhängt; der Handgriff an der Sense ‹ nd. knagge.
II knagis: ein krumm gewachsener Knieholz, durch welches die Planken des Bootes an Vorder- und Hinterstoven an der Innenseite miteinander verbunden und gestärket werden. (Bielenstein, Holzbauten 611) ‹ knagge 'da Knieholz an Flußfahrzeugen.

Grosberg 1942, 57, 231, 317
Knagge, Kleiderknagge 'Kleiderrechen': 57: Das Vorhaus, in dem nicht nur die Kleiderknaggen stehen, sondern auch einige mächtige Schränke.
231: Jakob hat den Frack an die Knagge gehängt.

Taube 1944, 65
..., wo wir gerade im Vorzimmer unsere Mäntel an die 'Knagge' - so heißen bei uns die Kleiderhaken - gehängt haben.

Flügge-Kroenberg 1971, 30
Knaggen - kleiner Holzklotz, vor allem für Kleiderbügel.

Nottbeck 1987, 44
Knagge (let.) - Garderobe, Kleiderhaken / E.K.L.R.
Häng deinen Mantel an die Knagge.

Kobolt 1990, 151
Knagge f Kleiderriegel, Leiste mit Kleiderhaken, Garderobenleiste; Wäscheklammer
plattd. Knagge(n), Knacken Holzpflock in der Wand, Kleiderhaken; schwed. knag Haken, Pflock; dän. Knage Haken; Elb. Knagge Holznagel zum Aufhängen von Kleidern; pr. Knagge Pflock, Kleiderriegel; nhd. Knagge Leiste.


QUELLEN (Informanten)
Glasenapp, Anna von: Antzen bei Werro, Wenden
Knagge Kleiderhaken

Schmidt-Kowarzyk, Käthe: Riga
Knagge für Spilke od. Klammer. WL 5,16.


Knagge vgl. Wäscheknappe

Korde
‣ Varianten: Kord

QUELLEN

Hupel 1795a, 123
Korde, die (Ehstn.) ist eine Magd welche von den Bauern nach der Reihe zur Besorgung des Hofviehes auf gewisse Tage gestellet wird. - Korde heißt auch zuweilen ein dünner Strick.

Hupel 1795b, 229
Korde, die, st. Strick hört man sonderlich wenn junge Pferde abgerichtet und an einem Stricke im Laufen geübt werden. Vermuthlich hat es einerkey Ursprung mit dem englischen Worte cord.

Hupel 1796, I/169
Korden* ... *So nennt man in den meisten hiesigen Gegenden die Mägde, welche das Gebiet wochweise nach der Reihe das ganze Jahr hindurch, zur Wartung des Viehes seinem Hofe liefern muß.

Gutzeit 1874, 76
Kord, die, statt Korde, Wechselgehorch, in 444. J. 1780.

Gutzeit 1874, 76f.
Korde, die, 1) bestimmt abwechselnder Dienst, Wechselgehorch, nach dem estnischen Worte Kord oder Körd, Reihe, Ordnung, Mal. Lange hat dies Wort zuerst im lettisch-deutschen Theile seines Wörterbuchs: Kahrtneekôs eet, zu Korden gehen. Dann steht das Wort verzeichnet bei Hupel in 444. J. 1780: Körrale zur Korde (gehen u. s. w.), und temma on Korral, er ist auf dem Hofe zur Korde; Körrala tullema, zur Kord kommen. Ebenso in der Ausgabe von 1818. Stender hat: zur Korde gehen, d. h. zur Abwechselung eines Anderen gehen; Ullmann (411): zur Korde kommen, d. h. zur Frohne eine Woche um die andere, lett. Kahrta eet. — Auffallen muss, wie das estn. Wort Kord in Lett- und Kurland so Wurzel fasste, dass das entsprechende lett. Kahrta ins Deutsche nicht übergehen konnte. Auf vielen Gütern Livlands ist es übrigens nie recht gebräuchlich geworden und verschwindet jetzt gleichzeitig mit der Frone. — Aus dem unverstandenen fremden Worte entwickelte sich sonderbarer Weise eine zweite Bedeutung: 2) im Wechselgehorch fronender Arbeiter. Auch diese Bedeutung zuerst bei Lange: Kahrtneeks, ein Korde, wie man ihn in Liefland nennt. Hupel erklärt im deutsch-estnischen Theil seines Wörterbuchs (444) Korde mit Kord-Arbeiter, Korralinne, und dieses estnische Korralinne wiederum im estnisch-deutsch. Theile mit: a) ein nach der Reihe kommender Frohnarbeiter, und b) eine zum Hofs-Viehe gelieferte Magd, liefl. Korde. Hiernach scheint das Wort Korde bei ihm sowol männlichen als weiblichen Geschlechts. Stender lässt das Geschlecht unbezeichnet; Ullmann in 411 hat geradezu: der und die Korde, zum Wechselgehorch(Korde) beim Vieh Gekommene, lett. Kahrtneeks. Hupel im Idiotikon erklärt: Magd, welche von den Bauern nach der Reihe zur Besorgung des Hofviehes auf gewisse Tage gestellt wird. In 147: die Korde leistet (an Hilfsgehorch) 42 Tage im ganzen Jahr, — dem beistehenden russischen Worte nach: Viehleute. — Auch in dieser Bed. ist das lettische Wort nicht ins hiesige Deutsch übergegangen; aber selbst Korde ist in dieser Bed. auf vielen Gütern ungebräuchlich gewesen, während die folgende, dritte Bedeutung sich sehr allgemein einbürgerte. 3) Bauermagd zu allerlei Hofsdiensten, in der Stube, Küche, beim Spinnen, beim Vieh und dgl. Diese so gewönliche Bed. fehlt bei Lange, Stender und Ullmann.
Aus dem Schragen der Revaler Schmiedegesellen von 1597 führt E. Pabst in 379. I. 4. 374 u. f. folgende Stelle an: Item wert Jenich so kranck dat he wachte behouett, so sollen eme ersten waken und denen 2 de em negest wonen, un dort so mit der Korden umme solange bett ett mit deme seken den einen weck edder den andern kehrett, d. h. item wird Einer so krank, daß er Wache bedarf, so sollen ihm zuerst wachen und dienen zwei, die ihm zunächst wohnen, und weiter so der Reihe nach herum solange, bis es mit dem Siechen den einen oder den anderen Weg nimmt. — Von Pabst (ebda. S. 392) wird bemerkt: „Korde,“ estnisch — Reihe, Ordnung. Diese Wendung: mit der Korden umme, nach der Reihe herum, ist die einzige mir vorgekommene und mögte vielleicht in livländischen Schriftstellern nicht begegnen.
Das estnische Wort Kord oder Körd trifft mit dem lettischen Kahrta und dem lateinischen ordo zusammen, aber auch mit dem deutschen: die Kehr, vgl. Grimms Wtb. 4. d. In dem deutschen Kehr (= Kahr, Kor, schwed. Köre, dän. Kjöre), verschmelzen die Bed. Gang, Zeit, Reihe, Arbeit, ebenso wie im franz. tour, und wol auch in dem Worte Korde, das weder allein Reihe, Ordnung, noch Wechselgehorch bezeichnet.

Gutzeit 1874, 77
Korde, die, Strick, sonderlich wenn junge Pferde abgerichtet und an einem Sticke im Laufen geübt werden. Vermutlich gleichen Ursprungs mit engl. cord. Hupel in 1662. - 17/18. 229. Ein Pferd an der Korde laufen lassen. Gew.

Pantenius 1880, 41
die Korde Schnur

Sallmann 1880, 19
Korde, m. der abwechselnd, der Reihe nach kommende Frohnarbeiter (kord, kordus Reihenfolge, Abwechselung, Ordnung, Wiederholung).

Sallmann 1880, 19f.
Korde, f. der abwechselnd, reihum verrichtete Gehorchdienst; zur Korde sein Wechselgehorch leisten. Ed. Pabst führt aus dem Schragen der Revalschen Schmiedegesellen von 1597 den Ausdruck an mit der Korden umme der Reihe nach herum. Da hat Korde ganz die ursprüngliche Bedeutung „Reihenfolge“.

Sallmann 1880, 20
Korde, f, die zur Besorgung des Hofviehs von den Bauern Reihe nach gestellte Magd, die Gehilfin des s. g. „Viehweibs“ oder der „Viehmutter“, dann überhaupt die zu Hofsdiensten gebrauchte Bauernmagd.

Sallmann 1880, 35
Korde Strick. Ein junges Pferd läßt man an der „Korde“ im Kreiß herumlaufen; schon mnd.

Westermann 1887, 388
Korde Bauernmagd, a.d.Estn.

Gutzeit 1889a, 42f.
Korde. Zu 1) des Wörterschatzes. Jede Korde, sowol beim Vieh als beim Brantweinsbrande, wird zu 7 Fußtagen berechnet, welche dem Pachter zu der Zeit wo die Korde gestellt wird, vom ordinären oder Hufsgehorch abzurechnen sind, 147 und 416. 47, der mit Reeschenarbeit beschäftigte Pachter hat, falls solches verlangt wird, bei der Korde die Hilfstage zu stellen welche erforderlich sind, um zu den Wochentagen des ordinären Gehorchs die 7 Fußtage welche die Korde leisten muß, zu ergänzen, 416. 46; Korden können gleichzeitig mit der Reeschenarbeit fortgeleistet werden, Ebda Inhaltsverz. 59. Alle diese Stellen bedürften Erklärung von Seiten eines Fachmanns!
E. Pabst hat aus d. revaler Schmiedeschragen v. 1597 (vgl. 379. I. 4. 374) zwei Belege angefürt, in welchen das Wort Korde die Bed. von Reihe haben also das estnische Korde sein soll. Hier folgen 3 Belege aus Livland und zwar in 3 Gestalten: Kore Kör und Kerde, welche dartun mögten, dass in den von E. Pabst herangezogenen Stellen an estn. korde nicht zu denken ist.
a) Im 19 Punkt der rigischen Schneiderschra. Aus d. Ende d. 14. od. Anfang d. 15. Jahrh. (nach Annahme von Bunge in 399. IV. S. 60) vortmer wan de cumpanie to samende drinken will, dar sal men to kesen twe gerdeman, de sullen de cumpanie plegen, wes se bedurfen, und de kore sal umme gan, (im Reval. Scmiedeschragen v. 1597 mit de korden umme), und men en sal nemande over scholden, de werkmester en villes denne gannen, 399. IV. S. 306. Kore ist hier nd. kôr Mal, Willkür, Beliebung. — b) In Urk. von 1602. Art. 44 (399. IV. 406) und nummende dat to antworde, de buten der koer is. Das Wortverzeichmss (399. IV. 930) erklärt: „außer der Willkür oder Verordnung, vielleicht bedeutet es hier auch, außer der Reihe, und verweist auf kerde und Regeste 2323." — Auch hier ist koer = Kür, Wahl. — In der Goldinger Schra. der Schwarzenhäupter c) aus Ende d. 14. oder Anfang des 15. Jahrh. ist in 399. MDXX. Art. 13 enthalten: is id, dat ener krank worde, so sallen de vogende IV bestellen, de en bewachten, sallen ok licht und böhe hen stellen, and de kerde sakk umgan, nemand ut bescheden. Im Wortverzeichnis: „vermuthlich, die Reihe soll herumgehen. Niemand ausgenommen.“ Dies kerde ist mnd. = kerede, kere, Wendung, Reihe, und in d. revaler Schmiedeschragen vermuthlich statt korde zu lesen. Übrigens scheint es, dass die von E. Pabst und von mir herangezogenen Stellen einer erneuerten Prüfung zu unterziehen sind, — insbesondere, ob selbst kerde richtig gelesen worden.

Ojansuu 1906, 96f.
Korde, m. der abwechselnd, der Reihe nach kommende Frohnarbeiter = estn. kord (‹ korta = finn. kerta) G. korra 1) Ordnung, gehörige Ordnung, gute Beschaffenheit, Aufeinanderfolge, Reihenfolge, Reihe, vgl. korrast abwechselnd, der Reihe nach, korral olema der Reihe nach Dienste Thun, Arbeit verrichten, „zur Korde sein“, wahi korral olema Wache halten, Schildwache stehen, karikord, karjakord Frohnwoche bei der Hütung, Reihe den Hüter zu Speisen und ihm einen Gehülfen zu geben. Auch in dieser letzten Bedeutung kommt das Wort im Ostseedeutschen vor: zur Korde sein Wechselgehorch leisten (in der Litteratur schon 1597). S. näher Gutzeits Wörterschatz.

Hahn 1911, 70
Korde Die Viehmägde werden auch „Korden“ genannt. Ellon [Ellern?] 1782.

Lasch/Borchling 1928, II/637
Korde (kore Nd. Kbl. [?] 11, 72), f., Reihe, Reihenfolge, nâ der k. n., mit der k. n umme nach der Reihe, Ordnung (Livland; aus d. Estn. oder zu °kêrde?) [Wendung, Reihe SL]

Bosse 1933, VII
Kordearbeiten - gemeinsam von einem Dorf oder Wacke abzuleistenden Arbeitsverpflichtungen, die der Reihenfolge nach auf die einzelnen Bauerstellen verteilt werden.

Kiparsky 1936, 45f.
1. Korde [kordə] f. 'abwechselnder Dienst, Wechselgehorch' ‹estn. kord 'Ordnung, Reihenfolge', korral olema 'der Reihe nach Dienste tun' + liv. kõrda 'Ordnung; Reihe; Schicht', kõrda mies 'Kordarbeiter' (⁓ finn. kerta 'Mal, Ordnung'). Nach GUTZEIT II, 76-77; N.89 42-43; SALLMANN N. 19-20, OJANSUU 96-97, SUOLAHTI 109 stammt das bd. Wort aus dem Estn. Indessen gibt schon GUTZEIT 1.c. einige Belege für bd. Korde [kore, koer, kerde] 'Ordnung, Reihe' aus livländ. und kurländ. Urkunden des 14.-16. Jhs. an, die er selbst mit Unrecht anzweifelt (vgl. SUOLAHTI 1.c.) und in neuerdings veröffentlichten Urkunden lassen sich folgende, über jeden Zweifel erhabene Stellen anführen: ... tor körden komen ... /Walk, 1422; A. I, 262); ... in der hilffkorde ... (Wolmar, 1523; GU. II, 225). - Eine parallele Entlehnung aus dem Liv., die schon THOMSEN Ber. 186 zweifelnd erwog, erklärt diese Verbreitung wie auch den Umstand, dass das entsprechende lett. kārta 'Reihe, Ordnung' ins Bd. nicht eingedrungen ist.
2. Korde [kordə] m. 'im Wechselgehorch frohnender Arbeiter', f. 'Bauernmagd zu allerlei Hofsdiensten'. Vgl. oben. - Wohl eine selbständige Abstraktion aus einem *Kordemann, *Kordefrau (vgl. Corte-Volk in Riga, 1696; Gutzeit II, 78), das dem liv. kōrda mies „Kordarbeiter“ entspräche. An eine besondere Entlehnung aus estn. korraline 'ein Frohnarbeiter, welcher der Reihe nach zur Arbeit kommt' kann aus lautlichen Gründen nicht gedacht werden.
Ableitungen davon sind Kordekerl (s. GUTZEIT), Kordenarbeit, -pflug, -Spinnerei.

Taube 1944, 94
die Korde die Viehmagd
Über dem Vieh waltete der 'Hüter', vorgesetzt mehreren 'Korden', wie man bei uns zulande die Viehmägde nannte.

Johansen/Mühlen 1973, 382
Korde. Bei öffentl. Dienstleistungen benutzte man das livisch-estnische Wort Korde, das soviel wie Reihenfolge, Ordnung bedeutete; auch in der Stadt sprach man vom corde-volke, das beim Wall- und Br..?werkbau beschäftigt wurde.
z.B.: 1544, RStA, A.b. 12,604; aber auch schon 1422 und in der Revaler St. Nikolaikirche 1482, Nik.KA Nr. 1,53a: de korde steit geschreven.

Nottbeck 1987, 47
Korde (est.) - Bauernmagd / E.
Die Korde war beim Melken.


QUELLEN (Informanten)
Busch, Marie von: Reval
die Korde (estn.) - die Viehmagd


Korde 'Viehweib' 1. Nomkiele, Kr. Jerwen, 2. Soosaar by Fellin 'Viehmagd', 3. Dorpat, Krüdnershof("), 4. Alt-Wrangelshof by Dorpat ("), 5. Nissi / Kr. Harjen 'Stallmagd', 6. Reval ("), 7. Dorpat bzw. Wesenberg 'Viehmagd, vom estn. „Kord“ = 'Reihe, Ordnung'

Kracke
‣ Varianten: Krake

QUELLEN

Gutzeit 1874, 82
Kracke oder Krack? Die Bretter an den Kracken absagen (absägen) lassen. 365. J. 1667. Dem Sinn nach: an den Enden. Ob zu Krack in Grimms Wtb. 1926 gehörend?

Sallmann 1880, 44
Kragge Mähre, (elendes hinfälliges Pferd), obgleich nd. kracke;


QUELLEN

Kracke 'altes Pferd' s. Kragge

Kragge

vgl Knagge

QUELLEN

Bergmann 1785, 40
eine Kragge oder Kaiker, eine Kracke, Mähre, schlechtes Pferd.

Hupel 1795a, 124
Kragge, die (Lett.) heißt ein elendes schlechtes Pferd.

Gutzeit 1874, 83
Kragge, die, schlechtes elendes Pferd. Schon Hupel, derKracke“ aus dem Lettischen kraggis entlehnt glaubte. Bei Stender: Kragge, Schindmähr, eine Kragge von Pferd. — In Grimms Wtb. Kracke, im brem. Wörterbuch Krakle. Zu den dort angef. Wörtern fremder Sprachen ist noch anzuführen, russ. Krjasch, kleiner, untergesetzter Mensch (vgl. Grimms Wtb. I. 4. a—c. und II. 3; ferner russ. Skrjaga, Filz, Geizhals, engl. scrag, mager, magrer Mensch.

Sallmann 1880, 35, 44
Kragge Schindmähre, elendes hinfälliges Pferd, nd. kracke.
Kragge Mähre, obgleich nd. kracke;

Seemann von Jesersky 1913, 138
Kragge, o.w. Herm., Joh., Kragg, Gr. Krak, elendes Pferd.

Masing 1926b, 44
Kragge; Kracke (nordbalt.) „schlechtes altes Pferd“ (Schumann, S. 2 "Krack").
ebd. 11: Kragge 'altes abgetriebenes Pferd' opr. + südbalt.

Kuft

QUELLEN

Petri 1802, 90
Kufft, ein weiblicher Anzug, Kamisölchen, Leibchen oder Kontusch.

Sallmann 1880, 36
Kuft, Kuftchen Nachtjacke. nd. kuft Matrosenrock.

Gutzeit 1874, 111f.
Kufft, das, gewönlicher Kufftchen, das, Hausjacke der Frauenzimmer. Ein nesseltuchenes Kuft, 172. 1776. 396. Entspricht in dieser Bed. dem russ. Kóffta. Das brem. Wtb. erklärt: Kuft, grober zottiger Überrock, dergleichen vornehmlich die Matrosen tragen.

Kiparsky 1936, 162
[kuft], Kuftchen [kuftχən] n. 'Haus- oder Nachtjacke der Frauenzimmer' ‹ r. кофта, кофточка' Ärmelleibchen, Jacke (der Frauenzimmer). GUTZEIT II, 111-112 und SALLMANN N. 36 scheinen das bd. Wort für nd. zu halten, es steht aber semasiologisch dem russ. Ausdruck näher, als dem im brem. Wb. belegten Kuft 'grober zottiger Überrock, dergleichen vornehmlich die Matrosen tragen'. Das Wort ist orientalischer Herkunft und im Baltikum erst seit 1776 belegt, was auch für russ. Vermittlung spricht. Heute selten.

Kulacke die
‣ Varianten: Kulack

QUELLEN

Kiparsky 1936, 163
Kulacke [kulákə] f. 'Faust, Faustschlag' ‹ r. кулакъ 'Faust'. Dazu kulacken, verkulacken 'mit der Faust schlagen'. E.L.K.BERGMANN 41, HUPEL N. 229, GUTZEIT II 113, SALLMANN N. 13; 107. Die Bedeutungsentwickelung 'Faust' › 'Faustschlag' dürfte auf estn. und lett. Einfluss beruhen (lett. kulaks, estn. kulak 'Faustschlag').

Kulle1
‣ Varianten: Kule, Kulle
{russ. куль 'Sack'}

QUELLEN

Gutzeit 1874, 114
Kule, die, Sack. s. Kulle

Gutzeit 1874, 114
Kulle, die, seltner Kull, der, 1) Matten-oder Bastsack, Sack aus Matten. In solchen Matten- oder Bastsäcken wird in Russland Mehl oder Getreide verführt. Mehlkullen u. Kullen. 172. 1784. 387; 83 Kullen verwraakte Grütze, 172. 1810; die Säcke oder Kullen (Mehl), 306. 78. — Wird Getraide in Kullen verladen, 143; eine Kulle oder Sack, 147. Jeder Bastsack hält 1 Tschetwert od. 3 Lof, an Gewicht 9 Pud. Daher: eine Kulle Mehl zu 9 Pud an Gewicht, 172. 1804. 670; neunpudige Kulen Mehl, 176, 1825. 89. Daher 2) das Maß Mehl oder Getreide, welches in solchem Sacke enthalten ist, nämlich 1 Tschetwert od. 3 Lof. Hup. — Dies russ. Wort scheint erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrh. bei uns Aufnahme gefunden zu haben. Das stammlose russ. Wort findet sich wieder in lat. culeus, Sack, in franz. colis, Ballen, in deutschem Keul, nl. Kuil, altn. Kyll u. a., Sack.

Gutzeit 1889a, 52
Kulle, die, Mattensack. Sallmann (390c. 53) schreibt Kule. In Riga stets Kulle gesprochen.

Seemann von Jesersky 1913, 141
Kulle Sack aus Lindenbast, Strusenme... (?)

Kiparsky 1936, 163
Kulle [kulə] f. 'Matten- oder Bastsack' ‹ r. куль id. - E.L.K. GUTZEIT II, 114, SALLMANN N. 53. Belegt seit 1784. - Opr. (Danzig, Elbing) kul f. 'grosser (unförmiger) Sack' könnte auf dem Handelswege aus dem Bd. übernommen sein, dagegen stammt das in der Fischereiordnung des Kurischen Haffes vom J. 1792 belegte Kulle 'Sack bei der Lachsfischerei' sicher aus p. kul 'Säckchen am Fischernetz'.

Kurtik
‣ Varianten: Kurtka

‣ Synonyme: Kurtka

QUELLEN

Hupel 1795a, 134
Kurtik, Einige sagen Kurtka, ist eigentlich ein ungarisches sehr kurzes Oberkleid; aber in Liefland bezeichnet es einen kurzen Leibpelz nach Art eines Husarenmäntelchens.

Kiparsky 1936, 114
Kurtka [kúrtka] f. (bei Hupel 134 auch Kurtik) 'kurzer Leibpelz nach Art eines Husarenmäntelchens' ‹ r. куртка (dial. куртикъ) 'Jacke'. E.L.K. - Frischbier I, 451 und II, 539 führt opr. Kutka, Kurtka m. f. 'kurzer Rock' an, das aus p. kurtka id. stammt. Auch hier ist die Übereinstimmung bd. ~ opr. nur scheinbar.

Majak
‣ Varianten: Majack, Majacke

QUELLEN

Hoheisel 1860, 29
Majack (gewöhnl. sogar als Fem. die Majacke) = Leuchtthurm.

Eckardt 1904, 73f.
Ein verschärftes Gefühl für die Sprachreinheit unseres ostseeproviziellen Deutsch hat sich ja überdies in letzter Zeir immerhin bei uns geltend gemacht. Ausdrücken wie „Tschulan“ (Handkammer), „Kasaweika“ (Pelzröckchen), „Sastawa“ (Schlagbaum), „Tamoschna“ (Zollamt), „Majakke“ (Leuchtturm), „Kurenne“ (kleine Materialbude) und andere mehr sind verschwunden oder doch im Schwinden begriffen.

Munier-Wroblewski 1927-1931, 70
" ... von unserem kleinen Majak (Leuchtturm)"

Kiparsky 1936, 166
Majacke [majákə] f. 'Leuchtturm' ‹ r. маякъ id. E.L.K. HOHEISEL 29, SALLMANN V. 9; N. 13; G. ECKARDT 39.

Nottbeck 1987, 57
Majacke (rus.) - Leuchtturm / E.
Es gab die rote und die weiße Majacke.

Peisacken pl
‣ Varianten: Paissacken, Peissacken, Peißacken, Peisaken

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 334
Peisacke, die, in 476 Peise od. Paise, auch Paisse, Harlocke an den Schläfen der Juden. Die Peisacken, welche auf Grund einer biblischen Anordnung getragen wurden, verfielen einem Verbot zu Anfang der Regirungszeit Kaiser Nikolais. Seitdem sind sie verschwunden ebenso wie die glänzenden engen Kaftane.

Seemann von Jesersky 1913, 153
Paissacken, jud. Hängelocken an den Schläfen.

Sass 1963, 25
... wenngleich die jüdischen Käppchen, Bärte und Peißen schon in recht beachtlicher Zahl vertreten sind.

Nottbeck 1987, 65
Peißacke (jid.) - Haarsträhne / E.K.L.R.
Die Schläfenlocken gehören zur Haartracht der orthodoxen Juden.

Kobolt 1990, 197
Peissacken, Paissacken pl Hängelocken an den Schläfen orthodoxer Juden.
hebr, Peies pl. Schläfenlocken der Ostjuden; pr. Peise eckig gedrehte Locke am Vorderkopfe polnischer Juden.


QUELLEN (Informanten)
Bruhns, Friedrich: Mitau, Kreis Harjen
Peisaken Haarsträhnen, WL 5,30

Lange, Harald: Riga, Südlivland
Peissacken 'Judenbart'


Peisacke 'Haarbüschel' Dorpat
Peissaken Haarbüschel, WL 5,32. auch: Peisacken, Peissen. (ca 12mal im lett., ca 7 mal im estn. Sprachb. belegt.)

Pricke die

QUELLEN

Gutzeit 1890, 391
Pricke, die. Das Ausheben der See- und Düna-Tonnen und Pricken, 293. Pricken sind die auf dem Grunde des Wassers an Steinklotz und Anker mittels kurzer Kette befestigten und der Strömung des Wassers folgenden dicken Stangen, welche das Fahrwasser den Schiffern anzeigen. Die rigischen Flusslotsen benutzen, statt dieses bei den Seeleuten üblichen Ausdrucks, Stoder, und ebenso im Lettischen: stohdere. In älteren Zeiten Rigas hießen die Stoder (Stoter) Pfäle. Daher besagt des Altermannsbuch (335. S. 181) beim J. 1571: de pale stoethen na dem olden und (S. 214) beim J. 1572: de pale stoten na dem olden. Bemerkenswert ist, dass der Ausdruck Pricke im Sinne von Fluss- oder Lotsenzeichen für Riga schon in der Br. für das Amt der Übersetzer vom J. 1763 (vgl. 293) begegnet, ins Lettische jedoch nicht übergegangen ist. — Prick der und Pricke, die, wird in Grimms Wtb. erklärt: Stecheisen, Stachel; nd. prikke oder âlprikke ist eine Stange mit einem Kamm eiserner Widerhaken zum Alfange. — In Preußen (vgl. Frischbier in 476) bezeichnet Pricke, die, auch Pröck und Pröcke 1) eine Stange, vermittelst welcher der Sack(sackartiges Fischernetz) oder Wenter befestigt wird; zu einem Sacke werden 6 bis 7 Pricken gebraucht. 2) Stecken mit Eisenspitze, oder spitzer Stab, mit dem die Plugochsen angetrieben werden. 3) kleiner Schuhnagel, der in den Absatz geschlagen wird. — Dasselbe Wort wird wol auch das bei den Torfgräbern übliche Prike sein: Prieke, vierzinkige, eiserne Gabel, Pierer's encycl. Wtb. 1833. — Ein zweites Wort, das Pricke nahe steht, ist Prickel, in Grimms Wtb. erklärt: Stecheisen, Stachel, Stift. In Preußen (vgl. 476) hat es die Bedeutung von 1)'Stachel, zugespitztes Stöckchen, überhaupt alles, womit man „prickelt;" die Wurstenden werden mit Prickeln geschlossen; die Leinwand auf der Bleiche damit festgesteckt; der Pfeifenkopf mit einem Prickel gereinigt. 2) spottweise, der Infanteriesäbel — in Riga — Livland in derselben Bedeutung Bratspieß! — ein schlechtes Messer. 3) kurzer dicker Mensch; in Ditmarschen und Holstein Kröte.
Im Lettischen haben Pricke u. Prickel nichts Verwandtes, wenn man nicht sprigguls od. sprigulis Dreschflegel dazurechnen will; im Litauischen dagegen prikas und prikelis. Prikas bedeutet Botshaken, also etwa der ersten preußisch-deutschen Bedeutung von Pricke entsprechend; prikelis dagegen den Stecken für die Pflugochsen, (Pricke in der zweiten Bedeutung). Weder im Preußisch-Deutschen noch im Hochdeutschen begegnet demnach diejenige Bedeutung, in welcher Pricke bei uns gebraucht wird. Die Bedeutung unseres Pricke findet sich aber wieder in dem bei Frischeier verzeichneten Pritke: Stange im (frischen) Haff zur Bezeichnung der Fahrrinne, nach Schemionek, — aber sonst von Niemand bezeugt. Dieses Pritke kann wiedererkannt werden in russ. притыка. (pri-tyka) spitze Stange. Sowie die Fischnetze im kurischen Haff mit Pricken befestigt werden, so ist auch russ. притыка, eigentlich etwas zum An- od. Feststecken.
Dem Prickel steht nahe unser Sprickel oder Spricker, lett. stikati Zaunsprickel; dem lett. stikali wiederum russ. тыкало Stecken; unserem Sprickel endlich lett. sprigulis, welches freilich nicht Sprickel, doch Dreschflegel bedeutet.
In dem Reglement des rig. Lotsenamtes von 1856 werden die Pricken Baken genannt. Dieselben sind auf der einen Seite des Fahrwassers schwarz gestrichen und an ihren herausragenden Enden mit schwarzen Lappen versehen, auf der anderen weiß; am Eingange des Hafens bestehen sie dagegen einerseits aus rot, anderseits aus schwarz angestrichenen Tonnen. Sie geben die, bald nach erfolgtem Eisgange durch Peilung des Fahrwassers (Vermessung von dessen Tiefe) ermittelte Richtung des eigentlichen Rinnsals oder tiefsten Flussbettes an. Zwischen ihnen müssen die Schiffe sich halten, um ungefährdet ein- und auslaufen zu können.

Gutzeit 1892b, 37
Das Wort begegnet in Riga schon im 17. Jahrhundert. Altes Eisen zu benutzen für die Pricken, so in die See zu setzen, Publica v. 1683. Ebenda: Bricken und Brücken. Die Seetonnen aufzunehmen und die Pricken an deren Stelle einzusetzen, ebda 1697; E.E.Rath geschlossen, dass die Seetonnen zwar aufgenommen, allein alsofort die so genannte Pricken wieder in derselben Stelle eingesetzt werden sollen, ebda; die Seetonnen auszuheben und Pricken an deren Stelle einzustecken, ebda 1698. vgl. Wörterschatz.

Seemann von Jesersky 1913, 159
w. Stange mit Besen als Seezeichen.

Sack

QUELLEN

LUB, VII/29, VII/377, VIII/382, VIII/452, VIII/458, VIII/653, VIII/850, IX/14, VII/297, VII/305, VII/312, VII/322
[vgl. bei Geräten]

Krüger 1832, 333
(plattd. Einfluß) Schnädchen, Krömer, Korst, er stillt (statt stiehlt), trüpfen, betrüpfen, Flicker, rujeniren, kahle Fihß, Kruhs, ein durger Sack (Verschwender), und Herzpohl (das Herz oder der Kröbs im Apfel, auch Gehäuse genannt).

Sallmann 1880, 128
Sack die übliche Bezeichnung für „Dute“

Gutzeit 1887a, 80
Sack. Ein Sack Grauwerk, 172. 1793. 207; ein halber Sack Ilkenfutter, ebda. Nicht ein Sack, sondern eine bestimmte Menge zusammengenähter Felle, ehemals Futter genannt, vgl. dieses.
Ein Schwein im Sack kaufen, in Grimms Wtb. die Katze im Sacke kaufen, d. h. ohne den Gegenstand zu besichtigen oder genauer zu beurteilen.
Tadelnde Benennung eines unbeholfenen, plumpen Menschen. Daher in Bezug auf Damen: tanzen wie ein Sack oder Melsack, d. h. unbeholfen, schwerfällig.
Schlafen wie ein Sack, fest, viel, tief. Sie schlafen wie die Säcke. Daher Schlafsack. Oft in Verbindungen: Dreck-, Floh-, Fress-, Launen- und Lausesack.
Jeder Schornstein muss mit einem sog. Sack, im Kellergeschoß, versehen sein, 473. In Riga dafür auch Stifel.
Einen aus und in den Sack stecken, ihn in Hinsicht des Wissens, der Schlauheit und Gewandtheit sehr übertreffen. Einen zehn Mal in den Sack stecken, ihm weit überlegen sein.
Ein Ochse zur Mästung muß einen braven Sack und guten Schlimhang haben, 447. 168.
In Estland soll Sack die übliche Benennung für Düte sein, 390c. 128.

Masing 1931, 24
der Gesell hat Sack bekommen = ist entlassen worden.

Nottbeck 1987, 77
Sack - Hundeplatz / E.K.L.R.
Der Hund lag auf seinem Sack und rührte sich nicht.


QUELLEN (Informanten)
Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland
(bekannt, z.B. Papiersack)

Tode, (Jo)hanna: Riga
(unbekannt)

Schlacke

siehe auch Schlackwetter

QUELLEN

Gutzeit 1887a, 120
Fleischerbund in Schlesien. Deutschheit des Wortes verdächtig! vgl. russ. ляка, Hund mit eingebogenem Rücken, bei Jägern.

Gutzeit 1898, 120
Schlacke, die, oft dafür Schlagge, Kolenabfall, Kolenschutt.

schlubbern
1. et luristama
2. et trööpama
3. et lotendama

QUELLEN

Sallmann 1880, 40, 44
schlubbern schlottern; ein Kleid schlubbert.
schlubbern nachläßig arbeiten.

Gutzeit 1898, 135
schlubbern, 1) Kleidungsstücke, nachlässig tragen und ohne sie zu schonen. Gew. Engl. to slubber. — 2) der Mantel schlubbert an der Erde, streift die Straßenfläche. s. ab- und verschlubbern. In 390c. 40: nachlässig arbeiten. Dafür sprechen wir schluddern.

Masing 1926b, 52, 24
schlubbern „nachlässig arbeiten“, ein Kleid schlubbern „abtragen“, ein Schlubberchen „Schluck“ (mnd. slubberen „schlürfen, etwasDünnes essen“ ; Frischbier II, S. 289).

Nottbeck 1987, 81
schlubbern - vertragen, unachtsam aufbrauchen / E.
Die neue Jacke hat er sofort verschlubbert.

Kobolt 1990, 239
schlubbern schw. V. schlürfend trinken, Kleider oder Schuhe achtlos abtragen, schlurren.
plattd. slubbern schlürfen; westf. slubbern schlürfen, auflecken; Br.Wb. slubbern schlurfen; pr. schlubbern Dünnes essen.


QUELLEN (Informanten)
Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland; Tode, (Jo)hanna: Riga
(Sallmann: 'lotendama' unbekannt)

Schmackedunge

QUELLEN

Gutzeit 1887a, 139
Schmackeduse u.s.w., Kolbenror. Grimms Wtb. sagt, der erste Teil des Wortes gehöre ohne Zweifel zu schmacken (schlagen), der zweite sei weniger durchsichtig. Das „ohne Zweifel“ stützt sich auf die Übereinstimmung der Laute, und „weniger durchsichtig“ könnte eher heißen: ganz undurchsichtig, ganz zweifelhaft. Dunge, Dune, Duse kann als deutsche Wortgestalt angesehen werden, keineswegs aber das ganz slawisch klingende Schmacke Dutschke, welches aus Ostpreußen angefürt wird. Es ist auch sehr zweifelhaft, „Dutsche“ als eine Entstellung aus Dutte Röre, Tüte anzusehen.

Schnicke die

QUELLEN

Gutzeit 1898, 151
Schnicke, die, Flachbot, Flossbot, altnord. snikka, nd. und nl. snicke, holl. und dän. snik, schwed. snick. Ins Lettische übergegangen als snikis, und dieses, wie es scheint, wiederum ins Deutsche der Gegend von Salis in Livland. Eigentümlich, bemerkt das rig. Tageblatt v. 1890. 95 nach einer Nachricht aus Salismünde, daß sich dies, hier jetzt unbekannte Wort im Lettischen der Salisschen Gegend erhalten hat. Kleine aus der Salis in die See hinausgehende Böte „Snicken“ genannt, mit den verschiedensten Landesproducten beladen, vgl. Schnecke.
In Mitau soll der Pram Schnicke genannt werden. Der Krug an der mitauschen Floßbrücke wird, heißt es in 411, mit Unrecht Schneckenkrug genannt, er müßte den Namen Schnickenkrug füren. Die Bedeutung Pram oder Flossbrücke ist für Schnicke oder Schnecke unzutreffend.

Schubjack der
‣ Varianten: Schubiak

QUELLEN

Sallmann 1880, 40
Schubjak, eig. Schubbejak Lumpenkerl; urspr. der bettelhafte Mensch, der sich in seiner Jacke der Unreinigkeit wegen schubbt.

Pantenius 1881, 257
der Schubiak Lump.

Gutzeit 1898, 163
Schubjack, der, der Aussprache und der Herkunft wegen richtiger Schubbjack; nur aus schubben und Jacke zu verstehen; in ähnlicher Weise gebildet wie Dummjack, I. 205, und Flohjack (Flöhjack), I. 291. Das Wort aufzufassen als entstanden aus schubben mittelst der „eigentlich slawischen Endung jak“, muß als irrig angesehen werden; man denke sich doch ein Hauptwort, gebildet aus einem Zeitwort und einer slawischen Endung! Irrig ist auch, das Wort in russ. шубнякъ Schafspelz zu finden; erstlich widerstreitet die Bedeutung und zweitens lautet die russ. Endung (н)якъ keineswegs jack, und drittens ist das Wort wenig gebräuchlich. Die Möglichkeit rein slawischen Ursprungs zu erwägen, verbietet sich, weil kein slawisches Wort in Buchstaben und Bedeutung dem deutschen Worte sich nähert.
In Livland überall bekannt, ebenso in Estland. Sallmann in 390c. 40 sagt: Schubjak, eigentlich Schubbejak, Lumpenkerl; ursprünglich bettelhafter Mensch, der sich in seiner Jacke der Unreinigkeit wegen schubbt.

Masing 1926b, 76f.
Schubjak „Mensch von niedriger, schäbiger Gesinnung“ (Schumann, S. 72 Schofjack „Schubbiak“ ; Frischbier II, S. 309Schobbjack, Schubbjack „sittlich verkommener Mensch, Lump“).

Vegesack 1935, 245
der Schubbiack

Nottbeck 1987, 84
Schubiak - Gauner, gemeiner Mensch / E.K.L.R.
Er erwies sich leider als Schubiak.

Kobolt 1990, 246
Schubjack m Schuft (17. Jh.)
plattd. Schubjack, Schubbejack, Schubejack, Schubbiack Lump. Lumpenkerl, niederträchtiger Mensch; westf. Schubbejack Schuft, Lump; Br.Wb. Schubbejack Lumpenkerl, Schuft; lbg. Schubbiack Lausekerl; pomm. Schubbjack Scheltwort: Lumpenhund; lüb. Schoffjack pr. Schobbjack, Schubbjack Gött. schuwwejacke, schubbjack Lump; altm. Schubbejack Schimpfwort; nhd. Schubbejack niederd. für: Bettler, der sich in der Jacke schubbt.


QUELLEN (Informanten)
Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland; Tode, (Jo)hanna: Riga
(Sallmann: bekannt)

Linde, W.: Riga
Schubiak, schubich schebiger Mensch, schebig

Lange, Harald: Riga, Südlivland
Schubiak Schuft, Gauner

Weinert, Paul: Riga
der Schubjak ein schofeles Subjekt, Lump. Das ist ein alter Schubjak.

Loeber, Dietrich: Riga, Reval, Goldingen
Schubjak Gauner

Skitke
‣ Varianten: Skidke, Skitka
{russ. скидка 'Rabatt'}

beim Einkauf mußte gehandelt werden u. eine Skitke gemacht werden

QUELLEN (Informanten)

Weiss, Lis-Marie: Reval
Skitke, Skidke, die 'Ablaß, Rabatt'
a.d.Russ. skidka
beim Einkauf mußte gehandelt werden u. eine Skitke gemacht werden.

Torp, Arved: Riga; Seegrün, Alexander: Libau
die Skitke 'Rabatt, Preisnachlaß, Preisermäßigung' oder auch Skit(d)ka WL 5,13.
Aus dem Russischen; ein jiddisches Wort? Von den Deutschen wenig gebraucht.
Sowohl im lett. wie im estn. Sprachbereich öfters belegt.
das ~ (Torp), der ~ (Seegrün)
3mal in der Bedeutung 'Umhang' belegt (Ligat + 2 Estl.)


Skitke 'Abschlag' (Riga)
Skitke 'Einkaufsrabatt' (Riga)

Skwarke

QUELLEN (Informanten)

Borchert-Schweinfurth, Eva: Riga
die Skwarke (Schkwarke?) ‹ russ. - Griebe; WL 3,48

Sol-lake

QUELLEN

Hupel 1795a, 219
Solacke, die (eigentlich Sollake oder Sool-lake, dafür man zuweilen Sollacke sagt) st. Salzwasser, Salzbrühe, Peckel.


QUELLEN (Informanten)
Weiss, Lis-Marie: Reval
(Hupel: unbekannt; Sool estn. Salz)

trakeln

vgl eintrakeln, abtrakeln, austrakeln

QUELLEN

Rig. Anzeigen, 1767/79
trakeln ein Zeitwort, ist so viel als das Oberzeug mit weiten Stichen anheften, um es hernach desto bequemer zu befestigen. Ein Wort, welches bey Schneidern, Kürschnern, Neherinnen u.s.w. sehr gebräuchlich ist.

Bergmann 1785, 71
trakeln, S. antrakeln

Hupel 1795a, 240
trakeln heißt verloren annähen; und der Trakelfaden ist der Zwirn welcher dazu gebraucht wird.

Hoheisel 1860, 32
Trakeln = verhexten, leicht anmachen beim Nähen.

Sallmann 1880, 42
trakeln das Futterzeug mit weitläufigen Stichen anheften, Reihfäden ziehen.

Masing 1926b, 65
trakeln „die einzelnen Stücke einer Näharbeit mit weiten Stichen provisorisch zusammenheften“; Trakelfaden „der dazu benutzte Faden“ (Lübben-Walther, S. 417 "troket werk des Schneiders; vgl. neund. trakeln, e. Art des Festnähens des Futters an das Oberzeug?“; Schumann, S. 16 Treckelfaden; Frischbier II, S. 407 Trākelfaden, trākeln).

Graf 1958, 10
Zur Anprobe trakelt man den Rock, d.h. man heftet ihn.

Kentmann 1978, 238
trakeln Nähte werden getrakelt (geheftet)

Nottbeck 1987, 93
trakeln - heften, reihen / E.K.L.R.
Erst wurden die Teile der Jacke getrakelt.

Kobolt 1990, 271
trakeln schw. V. beim Nähen: heften verloren annähen, reihen.
schwed. trakla heften; Br.Wb. trakeln; pomm. trakeln heften; pr. trakeln mit weitem Stichen einzelne Stücke einer Näherei zusammenheften.


QUELLEN (Informanten)
Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland; Tode, (Jo)hanna: Riga; Samson, Hertha von: Dorpat
trakeln, Trakelfaden

Brandt, Fred
trakeln heften

Erdmann, Selma: Talsen


trakeln 'heften' Kurland um 1930; Ösel um 1930; Reval um 1930; Talsen um 1930; Libau um 1930; Ligat um 1930; Riga um 1910/1913-39; Wenden um 1910; Krs. Bauske um 1910; Pernau um 1910; Krs. Pilten um 1910; Goldingen um 1910; Lemsal um 1910; Krs. Wolmar um 1910; Krs. Wiek um 1910; Dagö um 1910; Lettland um 1910; Walk um 1920/1930; Werro um 1920; Estland um 1920; Tuckum bis 1939; Dorpat um 1900/bis 1929; Livland bis 1939; Mitau 1914/um 1930/bis 1939; Fellin bis 1938; Windau bis um 1900/1939; Saßnitz bis 1939; Tuckum bis 1903; Arensburg; Wesenberg; Mesothen; Südlivland; Weissenstein um 1930; Modohn 1906-39; Wierland; Hasenpoth; Rasik um 1910; Nissin; Doblen; Sessmaken; Schaulen um 1930; Fennern; Pernigel um 1910; Hördel; Wiek; Zobeln; Rakvere; Landwieck vor 1939; Lübde/Livl.


jem. ein od. eine trakeln 'ohrfeigen' Riga.

Petersohn, Else: Lemsal, Riga
trakeln ohrfeigen.

Linde, W.: Riga
trakeln heften, aber auch hauen (drehender ausdruck)

Tode, (Jo)hanna: Riga; Weiss, Lis-Marie: Reval; Kerkovius, Martha: Riga
trakeln 'heften, bei Teilen der Kleidung (Riga). Erst muss ich das Kleid zusammentrakeln, dann kann ich es nähen.
(im Schwed.) tråkla


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